Führung

Besser Führen durch bessere Einsatznachbesprechungen

Einsatznachbesprechungen sind manchmal kurz und einseitig. Nur die Führungskraft spricht, und eigentlich ist, wie immer, alles gut gelaufen. Auch bei Übungen werden alle Beteiligten für ihr Engagement gelobt und die gute Zusammenarbeit wird betont.

Probleme, die es vielleicht gegeben hat, werden nicht angesprochen, denn alle sind ja freiwillig hier und man will niemanden verärgern. Es entsteht also keine Besprechung, sondern ein Monolog, das kritische Gespräch mit den Helfern wird vermieden.

Noch schwieriger wird es, wenn es mal mit der Einsatzleitung oder der Gruppenführung nicht geklappt hat. Vielleicht wurden Entscheidungen getroffen, die die Mannschaft im einfachsten Fall nicht verstanden oder, im äußersten Fall, sogar ignoriert hat. Wer sagt dem Chef, dass das heute mal nichts gewesen ist? Und wenn sich einer traut, will der Chef das überhaupt hören? Aber müsste er nicht, gerade wenn es um konstruktive Kritik geht, ein Beispiel sein?Anzeige

Ich meine, dass es Gründe dafür gibt, warum sich manchmal Führungskräfte keiner Kritik stellen möchten. Sie sind in der Führungsausbildung darauf gedrillt worden, immer alles richtig zu machen. Das erwarten die Helfer und sie selbst auch nach der Ausbildung. Kritik, insbesondere öffentlich und vielleicht auch noch von „Untergebenen“, beeinträchtigt dieses Bild.

Eigen- und Fremdwahrnehmung – was ist das eigentlich?

Jeder Mensch hat ein bestimmtes Bild von sich. Der Helfer, der davon überzeugt ist, niemals „vorne rechts“ sitzen zu können, wird auch keinen Gruppenführerlehrgang besuchen wollen. Ein anderer wird vielleicht seit Jahren ohne Kritik als Gruppenführer eingesetzt. Er glaubt deshalb, eine gute Führungskraft zu sein. Die Art, wie man sich selbst sieht, nennt man „Eigenwahrnehmung“.

Nach außen wirkt jeder Mensch durch sein Verhalten in unterschiedlichen Situationen.  Die Wirkung einer Person auf andere wird Fremdwahrnehmung genannt.

Eigen- und Fremdwahrnehmung können voneinander abweichen. Wird die Eigenwahrnehmung nun durch Kritik „erschüttert“, weil man ja eigentlich immer alles richtig macht (wäre man sonst schon viermal als Wehrführer bestätigt worden?), ist das ein Problem, denn Fehler darf man als Chef ja keine machen. Also liegt es nahe, die problembehaftete Gesprächssituation möglichst zu vermeiden oder kurz zu halten. Das kann zum Abbau von Motivation, zu Frustration und zu unausgesprochenen Konflikten führen. Helfer, die verstehen wollen, warum eine Entscheidung getroffen wurde, die sie als negativ empfunden haben, erhalten keine Erklärung. Führungskräfte, die sich nicht klären können, warum nach dem Einsatz alle mies gelaunt sind, empfinden das eigene Verhalten vielleicht als negativ.

Das JoHari-Fenster, Grafik: Ott

Die Wissenschaftler Luft und Ingham haben schon 1955 ein Modell entwickelt, dass die Zusammenhänge zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung aufzeigt und es möglich macht zu verstehen, wie Differenzen zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung abgebaut werden können. Im so genannten JoHari-Fenster existieren Quadranten, die unterschiedliche Schnittmengen zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung darstellen.

Das JoHari Fenster

Dinge, die einer Person selbst und anderen übereinstimmend bekannt sind, definieren die öffentliche Person. Dinge, die der Person bekannt sind, die sie aber vor anderen verbirgt, sind Geheimnisse. Und die Dinge, die andere über die Person wissen, die ihr aber unbekannt sind, bilden den so genannten „blinden Fleck“. Es gibt durchaus Dinge in einer Person, die Einfluss auf das Verhalten haben, ohne dass irgendjemand davon Kenntnis hat. Das ist das Unterbewusstsein.

Man wird am besten verstanden und hat die wenigsten Probleme, eine Situation für sich selbst richtig einzuschätzen, wenn der Quadrant der „öffentliche Person“ möglichst groß ist.

Die Einsatznachbesprechung als Gelegenheit sich zu erklären

Am leichtesten zu beeinflussen ist das Preisgeben von Informationen über sich selbst. Man kann den Helfern, die eine Entscheidung nicht nachvollziehen können, ja einfach sagen, warum man etwas getan hat. Eine kurze Nachbesprechung nur innerhalb der Gruppe, bevor alles auseinander gehen, ist dafür der richtige Ort. Dabei kommt es nicht nur auf die Tatsache an, dass man seine Beweggründe mitteilt, sondern auch auf die Art und Weise, wie man sich erklärt. Dabei gerät man leicht in eine „Rechtfertigungshaltung“, aus der man sich mit Killerphrasen wie „Wir mussten doch“ oder „XY hat gesagt“ zu befreien versucht.

Die Zuhörer verstehen leichter, was die tatsächlichen Beweggründe für eine Entscheidung waren, wenn die Mitteilung darüber, was man wahrgenommen oder gewusst hat, aus der Ich-Perspektive formuliert wird. Eine solche Botschaft kann von Dritten kaum angezweifelt werden und fördert wirkliches Verständnis. Besser ist also:

„Ich habe den Schwerpunkt der Gefahr im 2. Obergeschoss vermutet und daher den Angriffstrupp dorthin befohlen“

anstatt:

„Weil die Gefahr vermutlich im 2. OG am Größten war mussten wir den Angriffstrupp automatisch dort einsetzen.“  

Die Einsatznachbesprechung als Gelegenheit, sein Selbstbild zu prüfen

Um seinen „blinden Fleck“ zu verkleinern, also zu verstehen, wie die Einsatzkräfte die eigenen Handlungen wahrgenommen haben, kann in der Einsatznachbesprechung Feedback erbeten werden. Macht man das „öffentlich“ im Rahmen der Gruppe oder des Zuges, werden unklare Punkte schnell für alle aufgedeckt, Legenden und Gerüchte werden verhindert. Dabei muss natürlich nicht jeder reden, es reicht, wenn diejenigen, die wirklich etwas für sie wichtiges zu sagen haben, sprechen. Um in diesen Situationen Konflikte zur vermeiden sollte man ein paar einfache Regeln einhalten:

Die Führungskraft sollte

  • Feedback erbitten
  • lernbereit zuhören, Rechtfertigungen sind unangebracht
  • aktiv zuhören, Verständnisfragen sind erlaubt
  • sich bei den Feedbackgebern bedanken

Der Feedbackgeber sollte

  • Feedback nur dann geben, wenn es erwünscht ist
  • nur die eigene Wahrnehmung beschreiben, keine Spekulationen
  • Situationen aus der eigenen Perspektive beschrieben (Ich-Botschaften)
  • konkret bleiben und nicht verallgemeinern
  • auch Positives rückmelden
  • den Feedbacknehmer direkt ansprechen

Wenn man es richtig macht, kann das strukturierte Gespräch nach dem Einsatz und der Übung also etwas positives sein, ein Gewinn für alle Beteiligten. Wenn es falsch gemacht wird, nur, um sich selbst zu loben oder jemanden bloß zu stellen, dann sollte man es auch weiterhin lieber lassen.

Erstveröffentlichung

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: